Als ich heute hierher ging, bedachte ich, wie ich doch so anschaulich predigen könne, dass ihr mich verständet, und da fiel mir ein Gleichnis ein. Könntet ihr das wohl verstehen, so verständet ihr den Sinn und den Grund all meiner Gedanken, die ich je gepredigt habe. Das Gleichnis betrifft meine Augen und das Holz. Wird mein Auge geöffnet, so ist es ein Auge; und ist es geschlossen, so ist es dasselbe Auge. Durch das Sehen geht weiter auch dem Holze weder etwas zu noch ab. Nun versteht mich recht: Geschieht es, dass mein Auge, eins und einheitlich in sich selbst, geöffnet und im Anschauen auf das Holz geworfen wird, so bleibt ein jedes, was es ist, und doch werden beide – durch die Wirkung des Anschauens – so Eins, dass man sagen kann, das Auge sei das Holz und das Holz sei mein Auge. Wäre nun vollends das Holz frei von >Materie<, rein geistig wie das Sehen meines Auges, so könnte man in der Tat sagen, in der Wirkung des Sehens bestünden das Holz und mein Auge in Einem Sein. Gilt das nun schon von körperlichen Dingen, wie viel mehr von geistigen!
Meister Eckhart (Eckhart von Hochheim 1260-1328)